Donnerstag, 11. Dezember 2014

Armut oft selbstverschuldet?

14:13

Die Armen werden ärmer, die Reichen werden immer wohlhabender. Statt darüber zu jammern, sollten sich Mittel- und Unterschicht Finanzwissen aneignen, rät US-Autor und Selfmade-Millionär Robert Kiyosaki.

Robert Kiyosaki kennt die Zahlen. Er betet sie herunter und er fürchtet sie. Die reichsten 20 Prozent der US-Amerikaner besitzen fast 85 Prozent des privaten Gesamtvermögens. Auf ihren Konten und Depots liegen unglaubliche 91 Prozent des Finanzvermögens. Kiyosaki, Selfmade-Millionär und Bestseller-Autor, sieht in den Zahlen eine Gefahr: für die Gesellschaft, für die weniger Wohlhabenden – und für sein eigenes Geld. Nichts bedroht sein Vermögen mehr, als Unruhen und Verwerfungen.

Doch statt auf den Staat zu schimpfen oder auf Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ausbeuten und ihre Steuerlast künstlich drücken, nimmt er die Unter- und Mittelschicht in die Pflicht. Sie seien an ihrer Misere selbst schuld, da sie nicht mit Geld umgehen könnten.

Reiche Menschen erwerben Vermögenswerte. Die Armen und die Angehörigen der Mittelschicht schaffen Verbindlichkeiten an, aber sie denken, dass es sich um Vermögenswerte handelt“, bemängelt Kiyosaki im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online. „Sie sind schlicht unwissend.

Während sich die Mehrheit der Amerikaner von Kredit zu Kredit hangele und immer in finanziellen Schwierigkeiten lebe - unabhängig davon, ob sie eine Gehaltserhöhung bekommen oder Geld erben -, würden die Reichen das Geld für sich arbeiten lassen und der Masse immer weiter davonziehen, glaubt der Autor.

In der Neuauflage seines Bestsellers „Rich Dad, Poor Dad“ beschreibt der US-Amerikaner mit japanischen Wurzeln, wie ihn zwei Personen geprägt haben: sein eigener Vater, ein gut bezahlter Lehrer mit Doktortitel, der immer Geldsorgen hatte. Und der Vater seines besten Freundes, ein Unternehmer, der in der achten Klasse die Schule abgebrochen hatte – und nie in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Von Kindesbeinen an, sog Kiyosaki das Wissen seines reichen Mentors, dem „rich dad“, auf.

Kiyosaki spricht aus Erfahrung, wenn er sagt: „Der Umgang mit Geld wird zu Hause gelehrt, nicht in der Schule. Das ist einer der Gründe, warum die Reichen immer reicher werden.“ Die Lehrer würden sich darauf konzentrieren, akademisches Wissen zu vermitteln, kein finanzielles Wissen. Selbst Wirtschaftsschulen würden nur Angestellte ausbilden, „die gescheite Erbsenzähler sind“.

So zitiert der Autor den Vater seines besten Freundes – ohne sich zu distanzieren. Generell gilt: Wer will, kann eine gehörige Portion Arroganz der Wohlhabenden aus dem Buch herauslesen. So spricht der „reiche Vater“ wiederholt abschätzig von seiner Umgebung: sei es von den eigenen Angestellten, sei es von Baseball spielenden Jung-Erwachsenen im Park. „Sie arbeiten sehr fleißig für wenig Geld, klammern sich an die Illusion eines sicheren Jobs, freuen sich auf ihren Jahresurlaub und auf ihre mickrige Rente nach 45 Arbeitsjahren.

Oder auch: „Die Hauptursache für Armut und finanzielle Schwierigkeiten ist Angst und Unwissenheit, nicht die Wirtschaft, der Staat oder die Reichen.

Das allerdings sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kiyosaki wichtige Denkansätze liefert und richtigerweise den Unterschied zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten aufzeigt.


Lieber eine Aktie kaufen, als ein iPhone 

 Sechs Regeln hat der Autor in seinem Buch zusammengestellt, die helfen sollen, Reichtum aufzubauen. Die wichtigste ist fraglos die zuerst angefügte Regel, um die sich alles Weitere dreht: „Man muss den Unterschied zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten kennen und Vermögenswerte kaufen.

In einfachen Schaubildern erklärt Kiyosaki, dass ein Vermögenswert etwas ist, „das Geld in meine Tasche bringt“. Im Unterschied dazu ist eine Verbindlichkeit etwas, „dass mir Geld aus der Tasche zieht“. Die einfache Regel: Wer reich werden wolle, müsse sein Leben lang einfach Vermögenswerte kaufen.

Die Menschen arbeiten nicht zu wenig, sie kaufen Verbindlichkeiten statt Vermögenswerte“, glaubt Kiyosaki zu wissen. Statt in Aktien, Anleihen oder Immobilien zu investieren, würde die breite Masse lieber ein neues iPhone kaufen oder einen Neuwagen, der mit dem ersten gefahrenen Kilometer schon einen Großteil seines Werts verliert.

Reiche kaufen ihren ersten Luxusartikel erst dann, wenn sie wirklich Geld übrig haben“, sagt Kiyosaki. Die Mittelschicht hingegen übernehme sich, indem sie reich erscheinen will. „Echter Luxus ist eine Belohnung für eine Anlage in einen echten Vermögenswert und seine Entwicklung.

Auch wenn Allgemeinplätze falsch sind: Den Hinweis, sich früh mit den Themen Geldanlage und Vorsorge zu beschäftigen, ist sicher richtig. Dass nicht einmal jeder siebte Deutsche Aktien oder Fonds besitzt, hilft sicher nicht bei dem Versuch, ein Vermögen aufzubauen – und sei es nur ein klitzekleines.

So wie Kiyosaki, der sich von Gewinn zu Gewinn hangelte. Angefangen mit einer vermieteten Kleinwohnung, kaufte er später Häuser, Wohnkomplexe und Villen. 1994 hat sich der Autor im Alter von 47 Jahren von der Arbeit zurückgezogen. Er habe ein so großes Vermögen, dass er allein von den Zinsen – die höher sind als die Inflation – leben könne. Seine Frau habe bereits mit 37 Jahren aufgehört, regelmäßig zu arbeiten. Beide würden nur noch dann arbeiten, wenn ihnen danach ist.

Apropos Immobilien: Kiyosaki unterstreicht, dass ein Haus per definitionem kein Vermögenswert sein, sondern eine Verbindlichkeit. „Es zieht Geld aus der Tasche.“ Dabei geht es dem Autoren nicht um die klassischen Probleme, dass eine Grundsteuer angehoben und das Budget springen könnte oder das ein Verlust droht, wenn sich Rahmenbedingungen ändern und das Haus an Wert verliert.

Nein, der Autor gibt vielmehr zu denken, dass sich junge Leute durch einen Hauskauf früh für einen Weg entscheiden und sich damit Optionen nehmen. Die Menschen hätten es leichter, sagt Kiyosaki, wenn sie schon früh mehr Geld investieren würden, ihre Vermögenswerte würden wachsen und mit ihnen der Gewinn.

Es ist nicht so, dass der Selfmade-Millionär von einem Hauskauf abrät. Vielmehr will er aufzeigen, wie die richtige Herangehensweise ist. Wer ein größeres Haus will, sollte zunächst Vermögenswerte kaufen, die Cashflow generieren, um das Haus zu bezahlen – als sich gleich in das neue Abenteuer zu stürzen. Sonst drohe man, in einem Hamsterrad gefangen zu werden.

Kiyosaki verweist auf seinen Vater, dessen Einnahmen immer Schritt gehalten hätten mit dessen Ausgaben. So habe er nie in Vermögenswerte investieren können. „Im Ergebnis sind seine Verbindlichkeiten, wie Hypothek und Kreditkartenschulden, höher als seine Vermögenswerte.“ Man müsse das Geld für sich arbeiten lassen, empfiehlt Kiyosaki unter dem Strich. Wer konkretere Anlageempfehlungen sucht, wird enttäuscht. Recht vage spricht der US-Amerikaner von kleinen Aktiengesellschaften und Immobiliengeschäften, die sein Interessen wecken würden.

In einem zweiten Buch, „Cashflow Quadrant“ erweitert Kiyosaki seine Ausführungen um den Faktor Zeit. Der Selfmade-Millionär teilt die arbeitende Bevölkerung in vier Gruppen ein: die Arbeitnehmer und die Selbständigen, auf der linken Seite einer zweispaltigen Tabelle.

Rechts die Geschäftsinhaber und die Investoren. Wer links steht, verkauft seine Zeit. An seinen Arbeitgeber oder an seine Firma. Die rechte Hälfte hingegen verwaltet die Zeit anderer Leute. Ihr Einkommen steigern die Angestellten und Selbständigen nur durch eine Ausweitung ihrer Arbeit. Doch ihre Entwicklungsmöglichkeiten sind begrenzt, der Tag hat nun einmal nur 24 Stunden. 

Unternehmen und Investoren hingegen arbeiten mit der Zeit anderer Leute. Der Geschäftsführer etwa kann sich einfach zusätzlich Zeit – in Form von neuen Angestellten – kaufen.

Kiyosaki empfiehlt seinen Lesern, darüber nachzudenken, die Seiten zu wechseln. Weg vom Arbeitnehmer, hin zum Unternehmer oder Investor. Nur so könne ein jeder das Zeit- und Geldproblem langfristig lösen.

So einfach, wie Kiyosaki zu vermitteln sucht, ist die Lage freilich nicht. Nicht jeder eignet sich zum Geschäftsmann, nicht jeder hat den Mut, sein Geld spekulativ anzulegen. Und doch: Ein bisschen mehr Gründergeist würde man den Deutschen wünschen. Und vielen Bürgern die Erkenntnis, dass ein bisschen Investor in jedem stecken sollte.

Niedrigzinsen, ein Arbeitsmarkt der perspektivisch durch Robotik und weiterer Digitalisierung vor einem Wandel steht, und globale politische Unsicherheiten verlangen neue Antworten vom Bürger, der sich längst nicht mehr auf sein Sparbuch verlassen kann. „Lernen Sie mit Risiken umzugehen, statt sie zu vermeiden“, rät Kiyosaki.

Erschienen in der WirtschaftsWoche (Dezember 2014)


Kommentar von Freiensteiner:

Für viele Menschen sieht die Realität ihrer Vermögensverhältnisse derart schlecht aus, dass diese Empfehlungen und Gedanken wie Hohn erscheinen. Natürlich ist es nicht so, dass die Politik und die Konzerne, welche die Politik beeinflussen keine Schuld daran haben, dass die Möglichkeiten stark eingeschränkt sind. Aber was nützt es nur darüber zu jammern. Man kann und sollte immer versuchen die Situation in der man sich befindet zum besseren zu wenden, jedoch muss man die Möglichkeiten nutzen die sich einem dennoch bieten.

Und genau hier erkennt der Autor Kiyosaki einen absolut richtigen Punkt. Die Mehrheit der Bürger investieren nicht sondern konsumieren lediglich und das sogar auf Kredit. Natürlich ist dies von der Politik forciert durch niedrige Zinsen. Es ist aber dennoch möglich sein Leben an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen und auf Luxus zu verzichten, mit dem Ziel das Kapital profitorientiert anzulegen.

Die Möglichkeiten die jeder Einzelne dazu vorfindet sind zahlreich und einfach umzusetzen. Wissen über Aktien und Geldanlage kann online und aus Büchern oder Zeitschriften gelernt werden. Ein paar Tage investiert in gute Bücher und Artikel sind vermutlich bares Geld wert.

Wichtig ist, dass Sie lieber Leser anfangen darüber nachzudenken, ob Sie nicht zuviele Konsumentscheidungen treffen und nicht tatsächlich den Konsum in Investitionen ummünzen können. Wer nur versucht reich zu erscheinen und den dazu nötigen Konsum aus ständiger Arbeit zu finanzieren statt aus Kapitalrenditen, wird sein Lebtag das Hamsterrad nicht mehr verlassen.

Aber zum Glück gibt es einen Blog wie diesen hier, um Ihnen das Handwerkszeug zu vermitteln.



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